„Erde gut, alles gut“ steht auf den beiden Schildern, die ich am Sonntag beim Garten-Flohmarkt im Werksviertel mitgenommen habe. Reste einer PRAktion des Abfallwirtschaftsbetriebs für die sogenannten „Münchner Erden“, die aus den Inhalten der Biotonne gewonnen werden.
Ein gutes Motto, denn: Mein neuester Ehrgeiz ist das Kompostieren! Als ich vor zwei Jahren anfing, eine Parzelle in einem der Münchner Krautgärten
zu beackern, wurde ich Teil des eben dafür gegründeten Vereins. Da ich erst dazu kam, als alle bereits in Arbeitsgruppen eingeteilt waren, das Thema Grünabfall, bzw. Kompost aber vergessen worden war, wurde ich dafür angefragt und ich erklärte mich dazu bereit, die Kompostgruppe zu bilden und mir entsprechende Kenntnisse anzueignen. Dazu gesellte sich noch eine Freundin, nun sind wir zu zweit. Gerade bin ich dabei, noch mehr willige Helfer_ innen und Begeisterte zu finden, sprich Kooperation anzuzetteln. Schließlich lechzen ja alle Gärtner_innen nach dem Gold des Gartens.
Nach der Lektüre des Handbuchs von Martina Kolarek habe ich ihren Kurs „Die Kunst des Kompostierens“ an der GEA-Akademie in Schrems besucht und das Verfahren des Heißkompostierens selbst angewendet. Nun weiß ich also wie es geht, und dass es einige Ingredienzien braucht, denn die Vielfalt macht’s. Klarerweise kommt umso bessere Komposterde raus, wenn das, was von den Lebewesen im Boden umgesetzt wird, gehaltvoll ist. Im Seminar fühlten wir uns beim Schaufeln und Wässern und Mischen ein bisschen so, als kochten wir ein leckeres Gericht für die vielen bekannten und unbekannten Mikroorganismen, auf dass sie fröhlich schmausen und sich zahlreich vermehren. Alles Mögliche stand auf dem Speiseplan: grüne und braune Gartenabfälle, Komposterde vom letzten Jahr, Tonmineralien, Mist, Heu, Urgesteinsmehl, Kräuterextrakt, Gemüseabfälle, Eierschalen, Kaffeesatz, Stroh, Holzhäcksel und braune Pappe - das alles haben wir in Schichten aufgetragen und immer wieder gut gewässert und vermischt. „Mischen is possible“- eines der Motti von Martina Kolarek.
Während wir im Garten am Hügelbauen waren, hörten wir nolens volens den Klängen des parallel übenden Flötenkurses bei geöffneten Fenstern zu, der aus unerfindlichen Gründen mitten im Sommer ein Karfreitagslied einstudierte: O Haupt voll Blut und Wunden. Unwillkürlich fühlten wir uns plötzlich alle wie Totengräber beim Bau eines Hügelgrabs... eine groteske Vorstellung!
Offensichtlich ist der Boden noch ziemlich unerforscht – einen Großteil der Lebewesen, die sich darin tummeln, kennen wir noch gar nicht. Wir können sie nicht sehen, und dennoch gibt es sie. Unter einem Hektar Fläche leben 15 Tonnen Bodenlebewesen. Das entspricht dem Gewicht von 20 Kühen oder 1,5 Kilo pro Quadratmeter. Oder noch anschaulicher: In einer Handvoll Erde leben mehr Organismen als Menschen auf der Erde. In einer Tabelle des „Bodenatlas 2015“ sind sie – soweit eben bekannt - in der Reihenfolge der Häufigkeit ihres Vorkommens aufgeführt: Bakterien, Pilze, Algen, Fadenwürmer, Springschwänze, Milben, Kleinringelwürmer, Tausendfüßler, Zweiflüglerlarven, Käferlarven, Regenwürmer, Spinnen,
Asseln – und das ist nur der oberste Kubikmeter. Begriffen habe ich bei dem Seminar erstmals den Unterschied zwischen Nähr – und
Dauerhumus und dass es darum geht, letzteren aufzubauen. Wir sind ständig dabei, dem Boden Nähr- und Rohstoffe zu entnehmen, und es als CO2 in die Atmosphäre zu verjubeln - und das Düngen bringt nur kurzfristigen Effekt.
„Dauerhumus besteht aus einem komplexen Verbund von Tonteilchen mit Huminstoffen. Er ist ein aus organischen Stoffgruppen mit Hilfe von Bodenorganismen neu entstandenes Produkt. Dauerhumus verfügt über eine gute Wasser- und Nährstoffbindung, zudem ist in ihm
der größte Anteil des Bodenstickstoffs gespeichert. Dauerhumus enthält daher Nährstoffreserven, die durch Pflanzenbewuchs nicht reduziert werden. [...] Humusaufbau ist ein äußerst langwieriger Prozeß: Man sagt „100 Jahre für einen Zentimeter.“ Geduld und konsequente Bodenpflege sind die Voraussetzung, dass der Humusgehalt im Boden über die Jahre ansteigt.“
(Ulrike Windsperger: Handbuch Permakultur, 2016)
Wir nutzen die Böden der Welt, als wären
sie unerschöpflich, und heben dabei
von einem Konto ab, auf das wir nicht
einzahlen. Denn es braucht häufig
mehrere tausend Jahre bis sich eine dünne
Schicht fruchtbarer Oberboden bilden
kann, aber nur eine Stunde starken Regens,
um ihn zu verlieren. Böden sind in menschlichen
Zeiträumen nicht erneuerbar. (Bodenatlas 2015)
Kompostieren ist also die zukunftsweisende Handlung schlechthin. Und wenn daraus auch noch ein anderes soziales Miteinander erwächst, umso schöner – denn nichts verbindet mehr als das ganz konkrete gemeinsame Tun. TOUCH ME, I’M HOT: Unser Komposthügel in Schrems
erwärmte sich innerhalb von drei Tagen auf 60 Grad, dank guter Wärmepolsterung. Diese Temperatur soll sich eine Woche lang halten, dann dauert es lediglich drei bis sechs Monate, bis der Kompost fertig ist und ausgebracht werden kann.