Drei Jahrzehnte Praxis in systemischer Bildung, Beratung und Therapie in und mit der Natur sind in zahlreiche Publikationen und Netzwerke geflossen und kristallisieren sich im Ökosystemischen Ansatz nach Astrid Habiba Kreszmeier. In gemeinsamer Forschung mit dem Sympoi Kollegium Hans-Peter Hufenus, Sinha Weninger, Konstanze Thomas, Christian Mulle und Philippe Crameri beschreibt sich und zeigt sich dieser Ansatz hier in Kürze und fachlich formuliert.
Der ökosystemische Ansatz nach Astrid Habiba Kreszmeier folgt systemischem Denken mit einer bewussten Einbeziehung des Kontexts Erde, den Spezies, Stoffen, Elementen, Dingen und Technologien.
In Beratung und Psychotherapie bedeutet das, Menschen und menschliche Systeme nicht isoliert, sondern als Teil dynamischer, ökologischer Netzwerke zu betrachten.
Der Fokus richtet sich auf Beziehung, Kommunikation und Handlung zwischen Menschen, der natürlichen Umwelt und den Dingen. Das Leben und die Gesundheit eines Individuums wird hier konsequent gemeinsam mit der Lebendigkeit und Vielfalt des Planeten Erde angesehen.
Menschliche Systeme finden immer in irdischen Kontexten statt. Dieser Situiertheit wird in ökosystemischer Beratung Bedeutung beigemessen. Therapeutische Prozesse werden durch die bewusste Wahrnehmung der Verbindung zur anders-als-menschlichen Mitwelt bereichert. Ort und Raum, ihre Qualitäten und Atmosphären werden konkret erlebt und einbezogen. Sie können als unterstützende Beziehungen in Veränderungsprozessen wirken. Menschen erfahren irdische Kontexte als aktive und wertvolle Mitgestalter des eigenen Lebens.
Beziehungen – sowohl zwischen Menschen als auch zur Mitwelt anderer Spezies, mit Stoffen und Elementen sowie Dingen und Technologien – werden als lebendige Dialoge gestaltet. Im therapeutischen Prozess werden also Resonanzen mit der natürlichen Umgebung und den Dingen im Alltag reflektiert und gestärkt. Resonanz ist hier als die Fähigkeit verstanden, aufeinander zu hören, zu antworten und gemeinsam Neues zu schaffen. Die Haltung von Eingebundenheit und Wechselseitigkeit wird gefördert. Phänomenologische Wahrnehmung dient als Navigation durch den Begleitungsprozess.
Der Praxisansatz erweitert den Erinnerungshorizont über die individuelle Geschichte hinaus auf die Menschheitsgeschichte, in der Kooperation, Resilienz und Naturverbundenheit paläogenetisch nachweisbar und damit auch aktivierbar sind. Arbeitsweisen in natürlichen Umgebungen lassen an Gedächtnisspeicher anschliessen und schenken Orientierung der Zuversicht. Auf diese Weise sind Klient*nnen dazu eingeladen, ihre persönlichen Geschichten mit den größeren Narrativen der Menschheitsgeschichte in Relation zu setzen und neue Perspektiven auf sich selbst und ihre Beziehungen zu entwickeln.
Der ökosystemische Ansatz ist kommunikations- und erkenntnistheoretisch fundiert. Er greift Bezüge aus Anthropologie, Philosophie, Biologie, Neurowissenschaften, Psychologie und systemischen Theorien auf. Er arbeitet mit praxistheoretischen Konzepten, die wechselseitige Ko-Kreation von Individuum und Mitwelten betonen. Ziel ist es, Verbundenheit und Nachhaltigkeit in sozialen, ökologischen und kulturellen Systemen zu fördern.
Der ökosystemische Ansatz erweitert klassische Beratungs- und Therapieansätze, indem er die Beziehung zu anders-als-menschlichen Akteuren wie der Natur, Dingen und Technologien einbezieht und damit neue Beziehungsräume und Handlungsfelder öffnet.