The Fire, that speaks with us

Die Fähigkeit der Nutzung des Feuers unterscheidet uns Menschen von allen anderen Lebewesen. Dank der Paläogenetik wissen wir, dass es das Kochen war, das uns erst zu Menschen machte.

Dort, wo ein Blitz eines vorbeiziehenden Gewitters ein Waldstück in Brand gesetzt hat, fanden die frühen Menschen, nachdem sich der Brand gelegt hat, gekochten Speisen. Da sie keinen so dichten Pelz mehr hatten, konnten sie näher an die Glut heran, ohne sich gleich zu versengen. Besonders gut und nahrhaft waren Knollen und Knochenmark. Das führte die Menschheit zur folgenschweren Entscheidung «Kopf statt Darm» 1). Gekochte Nahrung war leichter verdaulich und die freiwerdende Energie konnte für anderes genützt werden. Die Menschen lernten mit dem Feuer umzugehen und auf der Nahrungssuche miteinander zu kooperieren. Das Gehirn begann markant zu wachsen, begünstig auch durch die besonders phosphatreiche Nahrung.

So wurden sie schlau genug zu lernen, glühende Kohlenstücke von natürlichen Bränden zu bewahren, zu transportieren und damit überall ein Feuer neu zu entfachen. Fortan wurde die Nahrung gesammelt und zum Kochen ans heimische Feuer gebracht. Wenn Aasgeier anzeigten, wo grad ein frisch gestorbenes Tier liegt, ist eine Gruppe losgeeilt. Ohne Körperbehaarung konnten die Menschen besser schwitzen und damit länger laufen als ihre Fresskonkurrenten.

Vor 600'000 Jahren erreichten die Menschen (Heidelbergensis) ihre heutige Hirngrösse, mehr war – trotz «Erfindung» der physiologischen Frühgeburt – nicht möglich. Als erfolgreiche Spezies wurden sie immer mehr und es brauchte Einfallsreichtum für die Nahrungsbeschaffung. Mit Hilfe von Lanzen «erlösten» sie verletztes oder geschwächtes Grosswild. Eigentliche Jäger:innen wurden sie aber erst mit der Einführung des Wurfspeers. Als das Grosswild weniger wurde, wurde durch die Erfindung von Pfeil und Bogen die Jagd auf kleineres und beweglicheres Wild ausgedehnt. Und mit der Reuse konnten Fische in grossen Mengen gefangen werden. Der menschliche Speiseplan wurde immer umfangreicher.

Das Feuer diente nicht nur dem Kochen, es bot auch Schutz vor gefährlichen Raubtieren, die im Gegensatz zu den Menschen die Angst vor dem Feuer nicht abgelegt haben. Und weil das Feuer gleichzeitig den Tag in die Nacht hinein verlängerte, wurde den Menschen gemütliche Abende vergönnt. Weil das so viele Vorteile brachte, sorgte die Evolution dafür, dass das Schlafhormon erst ab zehn Uhr zu wirken begann. So blieb ein grosszügiges Zeitfenster für die Pflege der Kochkünste.

Nur in warmen Trockengebieten befanden sich die Kochstellen im Freien, in feuchteren und kälteren Gegenden kochten die Menschen in geschützter Umgebung: Halbhöhlen, Hütten oder Zelten. Da war es wichtig, dass die Feuer möglichst rauchfrei brannten.

Als 1949 geborener schwamm ich als junger Mann in der 68er Bewegung mit, wo ich mich als langhaariger Hippie und als rebellischer linker Student versuchte. Gelandet bin ich dann – obwohl ich nicht der Idealtyp war – bei den Rockern. „Sich den Wind um die Ohren pfeifen zu lassen, das war Freiheit: mit Freunden an einem Feuer sitzen, Bier trinken, Würste braten und unter dem Sternenhimmel übernachten. Doch auch die Rockeruniform wurde mir mit der Zeit zu eng, und ich hängte sie an den Nagel. Schlussendlich bildete sich eine Fraktion, eine neue Gattung, die sich später mal »Outdoor-Szene« nennen würde“.2)

Outdooraktivitäten wie Kanufahren und Bergsteigen waren zwar nichts Neues, aber es wurde dabei in der Regel nicht in der Natur übernachtet und am Feuer gekocht; das kannten erst die Pfadfinder. In der von mir gegründeten Wildnisschule wurde dies zu einem Alleinstellungsmerkmal. Die Kochrezepte waren einfach, ich nannte sie damals „aus Grossmutters Küche“. 

Die Kunst des Outdoor-Kochens beinhaltet auch die Kunst des Umgangs mit dem Feuer und in tausendundeiner Nacht lernte ich die Wirkungen dieses Elements in menschlichen Gemeinschaften kennen. Nahezu wie von selbst entsteht mit ihm eine kooperative, konsensorientierte und egalitäre Kultur in freundlicher Atmosphäre, die auch kein Regenguss zu entzaubern vermag.

Mit den Jahren vergrösserte sich die Bandbreite der Rezepte für das Outdoor-Kochen. In unserem Naturmodul Meer und Mensch beispielsweise die Teilnehmer:innen zu Beginn des Seminar nach einem wichtigen Essen aus ihrer Biografie gefragt. Viele ahnen nicht, dass sie dann im Outdoor dieses Essen auch am Feuer kochen werden. So kommen immer wieder die verrücktesten Sachen zusammen und es stelle sich heraus, dass man eigentlich alles machen kann; am Feuer, in der Glut oder im Steinofen.

Das Kochen und die abendlichen Runden am Lagerfeuer waren und blieben ein wertvolles Element auch in der naturtherapeutischen Arbeit. «Jedes Feuer, dem wir begegnen, jedes Feuer, das wir entzünden und pflegen, schult auf seine elementare Weise unsere Wahrnehmung. Wenn wir uns in einer kleinen Gruppe draussen aufhalten und zwei- bis dreimal pro Tag ein Feuer hüten, um mit ihm zu kochen oder in seinem Schutzraum Wärme zu empfangen und Geschichten zu teilen, dann spricht dieses Feuer mit. Es lenkt unsere Aufmerksamkeit, es lenkt unseren sozialen, kommunikativen Prozess, es aktiviert Erinnerung und nährt unsere Vorstellungskraft. Eine ästhetisch und kompetent gehütete Feuerstelle entfaltet eine konzentrierte, gehaltene Atmosphäre der wechselseitigen Verbundenheit» 3)

“The Mountains speak for themselves” heisst ein Modell der Erlebnispädagogik. Das ergänzen wir durch ein dialogisches “The fire, that speaks with us".

1) Yuval Noah Harari „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ München 2015
2) Hans-Peter Hufenus „Urmensch-Feuer-Kochen“, Aarau und München 2021, S. 195
3) Astrid Habiba Kreszmeier „Natur-Dialoge“ Heidelberg 2021, S. 144

(Ausschnitte aus einem Artikel von Hans-Peter Hufenus, der in der Zeitschrift „erleben&lernen“ erscheinen wird)